Fahrt der 10c nach Fürth (I)

Auf den Spuren jüdischen Lebens und der sozialen Marktwirtschaft: Die 10c besucht Fürth

Am Mittwoch, dem 10.07.2024, fuhren wir, die Klasse 10c, im Rahmen der Projektwoche in Begleitung von Frau Krank und unter Leitung unseres PuG- und Geschichte-Lehrers Herrn Niedermeier nach Fürth, um dem Ludwig Erhard Zentrum (LEZ) und dem Jüdischen Museum Franken einen Besuch abzustatten.

Dort angekommen suchten wir zunächst das LEZ auf, um uns näher mit der Geschichte zweier gebürtiger Fürther, nämlich Ludwig Erhard und Henry Kissinger (geboren als Heinz Alfred Kissinger), auseinanderzusetzen. Nach einer kurzen Begrüßung erklärte uns Frau Hahn, die uns durch die beiden Ausstellungen führte, als erstes, wie aus Ludwig Erhard, der als Sohn eines Fürther Textilwarenhändlers und Weißwarengeschäftsbesitzers geboren wurde, allen Widrigkeiten zum Trotz der erste deutsche Wirtschaftsminister und der zweite Kanzler der Bundesrepublik wurde. Obwohl Erhard durch eine Kinderlähmung im Alter von zwei Jahren einen deformierten Fuß hatte, schloss er zunächst eine Lehre als Einzelhandelskaufmann ab. Nachdem er als Soldat im ersten Weltkrieg bei Ypern durch eine Handgranate so schwer verwundet wurde, dass sieben Operationen nötig waren, war ihm das lange Stehen hinter der Ladentheke im väterlichen Geschäft nicht mehr möglich. Infolgedessen studierte er Wirtschaft, erwarb einen Abschluss als Diplomkaufmann, absolvierte ein Studium der Betriebswirtschaftslehre und Soziologie und promovierte zum Doktor rer. pol. Danach arbeitet er für drei Jahre als Geschäftsführer im elterlichen Betrieb, ehe dieser in Konkurs ging. Daraufhin wurde er Assistent beim Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware. Während der Zeit des Nationalsozialismus setzte er seine berufliche Karriere weiter fort. Da er aber kein Mitglied der NSDAP war, erhielt er eine Kündigungsklage und gründete daraufhin sein eigenes Institut. Erhard leistete zwar nicht aktiv Widerstand, erstellte aber einen Plan für den Wiederaufbau Deutschlands, indem er von einer deutschen Niederlage ausging. Als der Krieg zu Ende war, erhielt er durch die amerikanische Militärregierung verschiedene wirtschaftspolitische Ämter. So startete seine politische Karriere, in der er unter anderem die von den Amerikanern initiierte Währungsreform durchführte. Schließlich wurde er 1949 erster Wirtschaftsminister der Bundesrepublik. Außerdem führte er die Soziale Marktwirtschaft ein, die er, obwohl er oft als deren „Vater“ bezeichnet wird, nicht erfunden hat. Nach dem Rücktritt Konrad Adenauers wurde Ludwig Erhard 1963 zum Bundeskanzler gewählt, konnte aber nicht vollständig an den Erfolg als Wirtschaftsminister anknüpfen. Die Ausstellung unterstütze die Darstellung seines Lebens vor allem visuell sehr gut, wie zum Bespiel mit originalen Kisten, in denen die neue Währung transportiert wurde oder mit einem Schaukasten, durch den der damit verbundene Lichtschaltereffekt dargestellt wurde. Außerdem waren ein amerikanischer Jeep, eine BMW-Isetta und viele der neuen Haushaltsgeräte, die den „Wohlstand für alle“ unter Erhard symbolisieren sollten, zu sehen.

Im zweiten Teil der Führung gab uns Frau Hahn einen Überblick über das Leben Henry Kissingers. Dieser wurde am 27. Mai 1923 als Sohn eines jüdischen Lehrers und der Tochter eines wohlhabenden jüdischen Viehhändlers geboren. Bereits in seiner Kindheit war er großer Fan der SpVgg Fürth, in deren Jugend er selbst spielte und der er bis zu seinem Tod ein treuer Anhänger blieb. Die Reichskanzlerschaft Adolfs Hitlers jedoch wurde zu einem Wendepunkt für seine Familie. Als die Judenverfolgung während des Nationalsozialismus immer schlimmer wurde, verließen die Kissingers schließlich im letzten Moment Deutschland, um in die Vereinigten Staaten von Amerika zu fliehen. Das Museum stellt dazu einen Tauflöffel aus, den Kissingers Mutter auf die Flucht mitgenommen hatte. Dort angekommen besuchte er die George Washington Highschool und diente, nachdem er die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten hatte, sogar im zweiten Weltkrieg für die USA. Im Zuge dessen kam er wieder nach Deutschland zurück, wo er auch in der Nachkriegszeit bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen half. Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten studierte er zunächst Politikwissenschaft und promovierte. Seine politische Karriere begann er als Berater eines New Yorker Gouverneurs, was zur Folge hatte, dass sein Rat auch von einigen US-Präsidenten gesucht wurde. Unter Nixon wurde er schließlich Nationaler Sicherheitsberater und fungierte unter anderem als Diplomat im Vietnamkrieg. Dies brachte ihm kontroverserweise sogar einen Friedensnobelpreis ein. Später wurde er Außenminister unter den Präsidenten Nixon sowie Ford und arbeitete eng mit der deutschen Regierung Schmidt/Genscher zusammen. Kissinger kehrte immer wieder in seine Heimat zurück und feierte dort sogar seinen 100. und letzten Geburtstag. Obwohl vieles von dem, was er tat, umstritten war, lässt sich nicht leugnen, dass er global einer der einflussreichsten Menschen war.

Nach den beiden interessanten Führungen im Ludwig Erhard Zentrum kehrten wir in der Bistrogalerie Fürth ein, ehe wir uns gestärkt auf den Weg ins Jüdische Museum Franken machten.